Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist eine der flexibelsten und am häufigsten verwendeten Rechtsformen in Deutschland und eignet sich insbesondere für kleinere Unternehmen, Freiberuflergemeinschaften oder Projektpartnerschaften. Nicht selten sind auch Rechtsanwälte, Steuerberater und Ärzte in der Form der GbR organisiert.
Aber: So einfach die Gründung sein kann, so komplex gestaltet sich der Weg am Ende der Zusammenarbeit. Die Beendigung einer GbR und die anschließende Auseinandersetzung sind regelmäßig konfliktanfällige Prozesse, weil es um Vermögen, Verantwortlichkeiten und häufig auch um persönliche Interessen geht. Eine sorgfältige rechtliche und wirtschaftliche Planung ist daher unverzichtbar.
Gründe für die Beendigung einer GbR
Die GbR endet nicht automatisch mit dem Verlust des gemeinsamen Interesses. Das Gesetz selbst sieht verschiedene Beendigungsgründe vor (ein Gesellschaftsvertrag kann aber noch weitere Gründe und Regelungen enthalten):
1. Ordentliche Kündigung eines Gesellschafters
Viele GbR-Verträge sehen die Möglichkeit vor, die Gesellschaft mit einer bestimmten Frist zu kündigen. Fehlt eine vertragliche Regelung, greift § 723 BGB nach dem die Kündigung jederzeit möglich ist, wobei sie grundsätzlich unmissverständlich erklärt werden muss.
2. Zeitablauf oder Zweckerreichung
Wurde die GbR für einen begrenzten Zeitraum oder einen bestimmten Zweck gegründet (z. B. Bauprojekt, Forschungskooperation), endet sie mit dessen Ablauf oder Erreichen.
3. Gesellschafterausschluss oder Tod
Nach dem Gesetz führt der Tod eines Gesellschafters automatisch zur Auflösung. Viele GbR-Verträge enthalten jedoch eine sog. Fortsetzungsklausel, sodass die Gesellschaft mit den übrigen Gesellschaftern weiterbesteht. Ähnliches gilt für Ausschlüsse, die häufig in der Praxis aufgrund schwerer Pflichtverletzungen ausgesprochen werden.
4. Insolvenz eines Gesellschafters
Auch die Insolvenzeröffnung über das Vermögen eines Gesellschafters kann einen Auflösungsgrund darstellen, sofern keine Fortsetzungskl
ausel besteht. Auch hier gilt: maßgeblich und oft vorrangig sind die Regelungen im Gesellschaftsvertrag.
Was passiert nach der Beendigung? – Die Auseinandersetzung

Mit dem Eintritt eines Auflösungsgrundes befindet sich die GbR automatisch in der Phase der „Auseinandersetzung“. Sie besteht nicht mehr als aktive Arbeitsgemeinschaft, sondern wird zu einer Abwicklungsgesellschaft. Das Ziel: Vermögen ordnen, offene Ansprüche klären, Schulden begleichen und schließlich das verbleibende Guthaben – sofern vorhanden – unter den Gesellschaftern aufteilen.
Die Auseinandersetzung erfolgt grundsätzlich nach den gesetzlichen Vorgaben in § 730 ff. BGB, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts Abweichendes vorsieht.
Wichtige Schritte der Auseinandersetzung:
1. Inventar und Vermögensübersicht
Zu Beginn ist ein vollständiges Verzeichnis des Gesellschaftsvermögens zu erstellen. Dazu gehören:
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Bankguthaben
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Forderungen
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Geräte und sonstige Sachwerte
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immaterielle Werte (z. B. Markenrechte, Softwarelizenzen, Kundenlisten)
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Verbindlichkeiten
Ein transparentes Inventar ist entscheidend, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
2. Begleichung der Schulden
Die Gesellschaftsschulden werden vorrangig aus dem Gesellschaftsvermögen beglichen. Reicht dieses nicht aus, haften die Gesellschafter persönlich anteilig. Dies stellt ein oft unterschätztes Risiko dar.
3. Rückzahlung der Einlagen
Erst wenn alle Schulden beglichen sind, erhalten die Gesellschafter ihre Einlagen zurück.
4. Verteilung des Gewinns oder Verlusts
Der danach verbleibende Überschuss wird entsprechend der vereinbarten oder gesetzlich vorgesehenen Gewinnverteilung ausgeschüttet. Gleiches gilt für einen etwaigen Abwicklungsverlust.
Die Auseinandersetzungsvereinbarung – sinnvoll und oft notwendig
Zwar schreibt das Gesetz keine formale Auseinandersetzungsvereinbarung vor, in der Praxis ist sie jedoch nahezu unverzichtbar und es ist unbedingt dazu zu raten. Sie schafft Rechtssicherheit, dokumentiert die Einigungen der Beteiligten und dient der Vermeidung späterer Konflikte.
Eine solche Vereinbarung sollte u. a. folgende Punkte regeln:
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genaue Inventarisierung des Vermögens
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Bewertung der einzelnen Vermögensbestandteile
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klare Aufteilung des Vermögens
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Umgang mit laufenden Verträgen
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Abfindungsregelungen für ausscheidende Gesellschafter
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Haftungsverteilung für Altverbindlichkeiten
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Umgang mit Kunden, Mandanten oder Projekten
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Verpflichtung zur gegenseitigen Freistellung
Auch bei vermeintlich einvernehmlichen Auflösungen zeigt die Beratungspraxis, dass ohne schriftliche Regelung oft Unklarheiten über Zahlungen, Werte oder Verantwortlichkeiten entstehen. Eine professionelle Auseinandersetzungsvereinbarung schließt diese Lücken.
Abfindung – wenn ein Gesellschafter allein ausscheidet
Nicht immer wird die gesamte GbR beendet. Häufig scheidet nur ein einzelner Gesellschafter aus. In diesen Fällen bleibt die Gesellschaft bestehen, und der ausscheidende Gesellschafter hat immer einen Anspruch auf eine Abfindung.
1. Höhe der Abfindung
Die Abfindung orientiert sich in der Regel am tatsächlichen Wert des Gesellschaftsanteils. Dieser ergibt sich aus dem Verkehrswert des Unternehmens abzüglich sämtlicher Verbindlichkeiten. Bewertungsschwierigkeiten sind hier die Regel, etwa wenn die GbR über immaterielle Werte verfügt oder von personenbezogenen Leistungen abhängig ist.
2. Bewertungsverfahren
Zur Ermittlung des Unternehmenswerts können mehrere Methoden herangezogen werden:
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Substanzwert
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Ertragswert
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Kombination aus beiden
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betriebswirtschaftliche Gutachten
Gerade bei uneinheitlichen Vorstellungen der Beteiligten ist ein unabhängiges Gutachten oft der sinnvollste Weg. Im Idealfall gibt es bereits eine detaillierte Regelung dazu im Gesellschaftsvertrag.
3. Zeitpunkt der Auszahlung
Auch die Modalitäten der Zahlung sollten klar geregelt werden. Möglich sind:
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Einmalzahlung
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Ratenzahlungen, ggf. mit Zinsen
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Stundung
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Kombinationen
Fehlt eine vertragliche Regelung, kann der ausscheidende Gesellschafter den vollen Betrag grundsätzlich sofort verlangen.
Informationen zur Unternehmensbewertung finden Sie z.B. HIER.
Konfliktfelder und Risiken in der Praxis
Die Beendigung einer GbR ist konfliktanfällig. Typische Spannungsfelder sind:
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Uneinigkeit über die Höhe der Abfindung
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Streit über die Bewertung von Vermögensgegenständen
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fehlende schriftliche Verträge aus der Gründungsphase
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persönliche Konflikte zwischen den Gesellschaftern
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unterschiedliche Vorstellungen über Kunden- oder Mandantenübernahmen
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Haftungsfragen bei laufenden oder alten Projekten
Gerade weil viele GbR in einer Phase gegründet werden, in der das Vertrauen hoch und die formale Struktur gering ist, treten am Ende oft die Probleme zu Tage, die jahrelang mitgelaufen sind.
Warum anwaltliche Begleitung sinnvoll ist
Eine sorgfältige rechtliche Gestaltung vermeidet nicht nur Streit, sondern beschleunigt auch den Abwicklungsprozess erheblich. Professionelle Unterstützung wird besonders wichtig, wenn:
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größere Vermögenswerte betroffen sind
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nur einzelne Gesellschafter ausscheiden
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unterschiedliche Abfindungsvorstellungen bestehen
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Haftungsfragen relevant werden
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steuerliche Aspekte eine Rolle spielen
Eine fundierte Beratung schützt Gesellschafter davor, unbedachte Erklärungen abzugeben oder sich auf ungünstige Vereinbarungen einzulassen.
Die Beendigung und Auseinandersetzung einer GbR ist ein rechtlich wie wirtschaftlich bedeutender Prozess. Eine sorgfältige Planung, eine klare Dokumentation und eine faire Regelung der Vermögensverhältnisse sind entscheidend, um spätere Konflikte zu vermeiden. Abfindungsansprüche und Auseinandersetzungsvereinbarungen benötigen häufig eine professionelle Bewertung, um einen für alle Beteiligten tragfähigen Weg zu finden.
Gerne helfen wir Ihnen bei der Beendigung einer GbR und/oder bei der Beteiligung.
Rufen Sie uns an oder schreiben Sie eine Mail an schuh@recht-hilfreich.de
Ihr Ansprechpartner ist Rechtsanwalt Florian N. Schuh.


