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Aktuelles

Nachforderung der Grundsteuer vom Vermieter im Gewerberaum (Urteil)

Stehen mehrere Gebäude auf einem Grundstück und wird die Grundsteuer neu festgesetzt, stellt sich die Frage der Nachforderung gegenüber den Mietern des Gewerberaums nach vielen Jahren. Die Forderung war nicht verjährt und nicht verwirkt, wie das Gericht zutreffend festgestellt hat.

Schwieriger war die Frage zu beantworten, ob die erhöhte Grundsteuer auf mehrere Gebäude eines Grundstücks umgelegt werden darf, wenn sich nachweislich der Gebäudewert eines der Gebäude nicht verändert hat.

Für den Eigentümer und Vermieter der Gebäude haben wir untenstehendes Urteil erwirkt. Das Gericht hat festgestellt, dass die Grundsteuer auf alle Gebäude umgelegt werden darf.  

Tatbestand

Die Klägerin begehrt als ehemalige Vermieterin von der Beklagten als ehemalige Mieterin die Nachzahlung von rückwirkend neu festgesetzter Grundsteuer nach zwischenzeitlicher Beendi­gung des Mietverhältnisses. Die Beklagte war aufgrund eines Mietvertrages Mieterin des gewerblichen Mietobjektes der Klägerin. Ausweislich des Mietver­trages war die Beklagte verpflichtet, neben der Miete auch Betriebskosten zu zahlen. Über die Betriebskosten wurde jährlich abgerechnet. Zu den Abrech­nungsposten der Betriebskostenabrechnungen gehörte jeweils auch die anteilige Grundsteuer.

Auf dem Grundstück der Klägerin befinden sich neben dem Mietob­jekt weitere Gebäude. Dies ergibt sich aus einem Auszug aus dem Liegenschaftska­taster des Amts für Bodenmanagement und ist zwischen den Parteien unstreitig.

Die Klägerin erhielt einen Abgabenänderungsbescheid der Stadt durch welchen die Grundsteuer B für das „Objekt“ auf der Grundlage eines Bescheides des Finanzamtes über den Einheitswert des Grundbesitzes und den Grundsteuermessbetrag rückwirkend neu festgesetzt wurde. Der Bescheid des Finanzam­tes führt unter der Überschrift „Bestimmung der wirtschaftlichen Einheit“ die Gebäude 1-1C auf.

Die Klägerin setzte die Beklagte über die Abänderung der Grundsteuer in Kenntnis und ver­langte von der Beklagten eine Nachzahlung in Höhe von 2.731,22 Euro. Die Beklagte wies den Anspruch unter Verweis auf Verjährung zurück.

Das Finanzamt teilte auf Nachfrage der Beklagten mit, dass sich die Erhöhung des Einheitswertes nur auf die Gebäude 1A und 1C beziehe und sich die Gebäudewerte des Gebäudes 1B gegenüber dem letzten Einheitswert nicht verändert hät­ten und somit nicht ursächlich für die Grundsteuererhöhung gewesen seien.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass für die Berechnung der Grundsteuer das bebaute Grundstück ausschlaggebend sei und sich somit die Festsetzung des neuen Einheitswertes auf sämtliche auf dem Grundstück befindliche Gebäude beziehe. Die Kosten seien daher auch auf sämtliche Mieter umzulegen. Der Anspruch könne auch nicht verjährt sein, da sie erst mit dem Änderungsbescheid der Stadt Kenntnis von der höheren Grundsteuer erlangt und erst zu diesem Zeitpunkt die Verjährung zu laufen begonnen habe. Auch gebe es eine Aus­schlussfrist wie bei der Wohnraummiete bei der Gewerberaummiete nicht, so dass der Mieter von Gewerberaum immer mit einer Nachforderung rechnen müsse.

Die Klägerin hat ihre Forderung zunächst mit Mahnbescheid geltend ge­macht. Nachdem die Beklagte Widerspruch erhoben hat, ist das Verfahren abgegeben worden und bei dem erkennenden Gericht am eingegan­gen. Die Klägerin hat mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten ihre Zustimmung zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt. Die Zustimmung der Beklagten zu einer Entscheidung im schriftlichen Ver­fahren ist bei Gericht eingegangen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.731,22 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass eine Umlegung der erhöhten Grundsteuer auf Mieter des Gebäudes 1B nicht erfolgen könne, da das Gebäude für die Erhöhung nicht ursächlich gewesen ist. Sie ist weiter der Meinung, dass die erstellten Nebenkostenabrechnungen, welche die Kosten für die Grundsteuer bereits enthalten haben, abschlie­ßend seien. Weitere Forderungen könnten auch deshalb nicht geltend gemacht werden. Die Beklagte habe mit der Geltendmachung weiterer Nachforderungen zudem nicht rechnen brau­chen, so dass die Forderung verwirkt sei, zumal sich die Klägerin die Geltendmachung von Grundsteuernachforderungen in den Nebenkostenabrechnungen nicht vorbehalten habe. Die Beklagte hat zudem ausdrücklich die Einrede der Verjährung erhoben.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten an­teiligen Grundsteuernachforderung auf der Grundlage des zwi­schen den Parteien bestehenden Mietverhältnisses zu.

Die Beklagte schuldet ausweislich des Mietvertrages die Zahlung der dort aufgezählten Betriebskosten, zu denen auch die anfallende Grundsteuer gehört. Zwar hat die Klägerin die Betriebskosten gegenüber der Beklagten unter Berücksichtigung eines anteiligen Grundsteuerbetrages bereits abgerechnet und die Beklagte hat die entsprechenden Nachzahlungen bereits geleistet. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die erfolgten Abrechnungen, aber im Hinblick auf die Grundsteuer nicht abschließend. Denn der Vermieter kann grundsätzlich bei einer nachträglichen Erhöhung der Grundsteuer durch das Finanzamt eine schon bezahlte Betriebskostenabrechnung korrigieren und die erhöhten Kosten der Grundsteuer nachträglich umlegen (LG Berlin, Urteil vom 21.03.2005, Az.:62 S 321/04 m.w.N.). Dies ist vorliegend geschehen.

Soweit die Beklagte meint, eine Umlegung der nachträglichen Grundsteuererhöhung auch auf Mieter des Gebäudes 1B könne nicht erfolgen, da dieses Gebäude für die Erhöhung der Grundsteuer ausweislich der Auskunft des Finanzamtes nicht ursächlich gewesen ist, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Das Finanzamt hat in seinem Bescheid ei­nen Einheitswert für das Grundstück der Klägerin festgesetzt, eine Differenzierung zwischen dem Grundstück und den einzelnen Gebäuden ist in dem Bescheid nicht erfolgt. Die Festset­zung des Finanzamts bezieht sich vielmehr auf das gesamte Grundstück nebst Bebauung als Bewertungseinheit, auch wenn sich der letztlich für das Grundstück insgesamt festgesetzte Wert aus mehreren Einzelwerten zusammensetzt. Die Festsetzung eines Einheitswertes ent­spricht der üblichen und gesetzlich vorgesehenen Berechnungsweise. Gemäß § 78 BewG umfasst der Grundstückswert dabei neben den Gebäudewerten auch den Bodenwert sowie den Wert der Außenanlagen, weshalb unabhängig von der Festsetzung der einzelnen Ge­bäudewerte sämtliche Gebäude von der Festsetzung betroffen sind. Dieser vom Finanzamt festgesetzte Einheitswert ist Grundlage der Berechnung der für das Grundstück angefallenen Grundsteuer. Daher unterscheidet auch der Abgaben-Änderungsbescheid der Stadt nicht zwischen der Grundsteuer für das Grundstück und der Grundsteuer für die einzelnen auf dem Grundstück befindlichen Gebäude. Dies ist nicht zu beanstanden. Aufgrund dieser einheitlichen Festsetzung für das Grundstück war die Klägerin weder verpflichtet, noch war es der Klägerin möglich, für die einzelnen Gebäude auf dem Grundstück jeweils eine gesonderte Grundsteuer festzusetzen. Sie konnte vielmehr die einheitlich für das Grundstück festgesetzte Grundsteuer auf sämtliche Mieter umlegen.

Der Anspruch der Klägerin auf Nachzahlung der erhöhten Grundsteuerbeträge ist entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht verjährt. Gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch ent­standen ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Vorliegend hat die Kläge­rin die nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderliche Kenntnis über die Forderung erst durch die Bescheide des Finanzamtes und der Stadt erlangt. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB konnte somit unabhängig davon, wann die Forderung entstanden ist, erst mit Schluss des Jahres 2016 zu laufen beginnen (vgl. BGH, Urteil vom 12.12.2012, Az.: VIII ZR 264/12).

Der Anspruch ist ferner auch nicht verwirkt. Das Rechtsinstitut der Verwirkung setzt voraus, dass der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment) und der Verpflichtete darauf vertraut hat und auch vertrauen durfte, dass es auch in Zukunft nicht gel­tend gemacht werden wird (Umstandsmoment). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es kann dabei dahinstehen, ob die Beklagte mangels Aufnahme eines entsprechenden Vorbe­halts von Nachforderungen in den Betriebskostenab­rechnungen durch die Klägerin darauf vertrauen durfte, dass keine Nachforderungen mehr erfolgen würden. Denn zumindest das erforderliche Zeitmoment ist nicht gegeben. Zwar hat die Klägerin die Nachforderung erst Jahre nach Ende des jeweils abzurechnenden Zeitraumes und nach Beendigung des Mietverhältnisses geltend gemacht. Jedoch hat die Klägerin die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten, sondern war viel­mehr ohne eigenes Verschulden an einer früheren Geltendmachung der Forderung gehindert. Bis zu dem Erhalt der Bescheide des Finanzamtes sowie der Stadt hatte die Klägerin selbst keine Kenntnis von der nachträglichen Erhöhung der Grundsteuer für das be­troffene Grundstück. Nach Erhalt des Abgaben-Änderungsbescheides der Stadt und des Bescheides des Finanzamtes hat die Klägerin der Beklagten die anteilige Nachforderung unmittelbar in Rechnung gestellt und die Beklagte zur Zahlung auf­gefordert. Vor diesem Hintergrund kann das für die Annahme einer Verwirkung erforderliche Zeitmoment nicht gegeben sein.

Die Beklagte befand sich mit der Zahlung des Nachforderungsbetrages zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs bereits in Verzug, so dass die Klägerin gemäß § 288 BGB von der Beklagten Verzugszinsen verlangen kann. Der von der Klägerin ab Rechtshängigkeit geltend gemachte Zinsanspruch besteht ab dem Zeitpunkt des Eingangs der Akten beim Pro­zessgericht, da § 696 Abs. 3 ZPO mangels alsbaldiger Abgabe vorliegend keine Anwendung findet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§708 Nr. 11,711 ZPO.

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Autor: Rechtsanwalt Dipl. Jur. Florian N. Schuh

Florian N. Schuh ist Rechtsanwalt und Partner bei den elixir rechtsanwälten | martens & partner, Frankfurt am Main, mit den Tätigkeitsschwerpunkten Handels-, Gesellschafts- und Unternehmensrecht sowie Schutzrechte. KONTAKT Tel.: 069 95 92 91 90 Mail: schuh@recht-hilfreich.de RA Schuh bei LinkedIN

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